Warum uns unsere Psyche Streiche spielt

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Einstieg

Wenn man beachtetet, dass der Treibhauseffekt von CO2 in der Atmosphäre bereits vor 130 Jahren vom schwedischen Physiker und Chemiker Arrhenius genauer zu beschrieben wurde und dann seit den 1980-igern zunehmend öffentlich diskutiert wird und es seit 1992 eine UN Rahmenkonvention gibt, stellt sich die Frage, warum diese Erkenntnis die Entscheidungen und das Handeln vom Bürger bis zu den Regierenden so wenig beeinflusst hat und noch immer viel zu wenig beeinflusst. Wenn Schüler in 50 Jahren über diese Achtlosigkeit und ihre Konsequenzen in der Schule lernen, werden sie sich an den Kopf greifen. Diese unsere Blindheit hat aber eine Psycho-Logik und darüber handelt dieser Abschnitt. Seit März 2022 gibt es ein hervorragendes, für Laien gut lesbares Buch von der Salzburger Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke "Warm machen wir es nicht einfach?" im Molden Verlag, das ich wärmstens empfehlen kann!

Zunächst aber einige Ergebnisse aus dem Soziales Nachhaltigkeitsbarometer in der Energie- und Verkehrswende (SBN):

  • Die Einstellung der Bevölkerung zur Notwendigkeit einer Energie- und Verkehrswende ist positiv.
  • Es wird erwartet, dass durch diese Wende auch positive Nebeneffekte auf Gesundheit, Sicherheit
  • Einer Mehrheit geht der Wandel zu langsam
  • Es wird gefordert, dass die Maßnahmen gut und längerfristig und bürgernah geplant, kosteneffizient und verhältnismäßig sind.
  • Den Menschen ist wichtig, dass es dabei sozial gerechter zugeht. Die Maßnahmen sollen also ärmere Menschen nicht stärker belasten. Es würde also z.B. erwartet, dass bei einer CO2-Steuer ein Teil (z.B. die Hälfte) der Einnahmen darauf verwendet wird, die Belastung von sozial schwächeren auszugleichen.
  • Die Zustimmung zu Maßnahmen ist hoch, wenn diese allgemein formuliert werden und sinkt, wenn es so konkret wird, dass persönliche Einschränkungen oder Notwendigkeiten zum Umlenken ersichtlich werden.
  • Es wird von einer großen Mehrheit begrüßt, dass die Möglichkeit zur Partizipation an den Entscheidungen eröffnet wird, aber nur eine Minderheit möchte selbst daran teilnehmen.

Folgende Herausforderungen werden bei der Energie- und Verkehrwende gesehen:

SNB21 Herausforderungen.png

„Bei allen gegebenen Ambivalenzen und Unzufriedenheiten: Dass die Menschen die Notwendigkeit der Energiewende bejahen, notwendige Schritte auch mittragen wollen und bereit sind, Belastungen in Maßen zu akzeptieren, sind positive Zeichen, die von der Politik jetzt auch als Ermutigung für einen effektiven Klimaschutz gesehen werden können“, sagt Ortwin Renn vom IASS. „Die Energiewende kann nur zusammen mit der Gesellschaft gelingen. Für den Erfolg der Energie- und Verkehrswende gilt es dabei nicht nur motivierende Formen der Bürgerbeteiligung einzuplanen, sondern auch soziale Fairness und Gerechtigkeit, Augenmaß und Verhältnismäßigkeit im Blick zu behalten.“

Einige Lösungsansätze seien gleich vorausgeschickt:

  • Jeder von uns hat bzgl. klimaschonendem Verhalten einige Stärken und viele Baustellen. Wenn jeder von uns den anderen stolz seine Stärken zeigt und vermittelt, nutzen wir unsere soziale Natur positiv, stärken die Gemeinschaft und den Mut zu Veränderung.
  • Statt vor der in Vielfalt und Gewichtigkeit übermenschlich großen Zahl von Umstellungen in Schockstarre oder Übersprunghandlungen zu verfallen, sollten wir erst mit niedrig hängenden Früchten beginnen. Das stärkt unsere Selbstwirksamkeit und wir trauen uns dann zu zunehmend rascher und zunehmend schwierigere Verhaltensänderungen in Angriff zu nehmen. Es entsteht eine Lawine von Verhaltensänderungen.
  • Fast alle Maßnahmen zum Klimaschutz haben positive Nebeneffekte auf die körperliche und psychische Gesundheit, auf den Zusammenhalt und auf die Jugend. Indem wir diese herausstreichen und in Erfahrung bringen, erzielen wir den Klimaeffekt als positiven Nebenwirkung und vergrößern unsere Energie.

Die 29 Drachen der Klimapassivität

Robert Gifford hat bereits 2011 29 psychologische Drachen identifiziert, die uns hindern etwas gegen die Klimakrise zu tun

Die Klimakrise vereinigt viele ungünstige Merkmale auf sich:

(übrigens gibt es da viele parallelen zur Coronapandemie)

  • sich fast unmerklich langsam anschleichender,
  • unsichtbarer und anonymer Gegner (CO2)
  • außerhalb des direkten Erfahrungsbereichs
  • diffus angstmachend
  • mit unsicheren Wahrscheinlichkeiten behaftet
  • hochkomplex und weit entfernt vom Wissenschaftsverständnis von Laien
  • übermenschlich groß und sehr schwer zu kontrollieren
  • die Wirkung eigener Maßnahmen ist im Verhältnis dazu unscheinbar und unsichtbar

Literatur: "Don't even think about it: why our brains are wired to ignore climate change" von George Marshall, 2014, Bloomsbury

Dem gegenüber stehen wir, die noch immer wie Jäger und Sammler für kleine Gruppen denken!

Wir waren eine Million Jahre und bis vor höchstens 10.000 Jahren steinzeitliche Jäger und Sammler. Unser Hirn hat sich in dieser kurzen Zeit nicht verändern und anpassen können und schon gar nicht an das industrielle, globale Zeitalter, das globales Denken erfordern würde.

Wenn der In der heutigen, weit vom Jäger-Sammler entfernten komplexen Welt ist unser Verhalten oft unangepasst und irrational und dies wird als kognitiver Bias bezeichnet:

die unsinkbare Titanic
Quelle www.physiologus.de
  • Risikoaversion: wir werten Verluste höher als Gewinne und aktuellen Besitztum höher zu als objektiv gleichwertige Alternativen
  • Neigung die Zukunft als invariante Fortsetzung der Vergangenheit zu erwarten
  • Neigung zu selbstwerterhöhender Wahrnehmung ("Ich mach doch eh' schon mehr als der Durchschnitt für's Klima")
  • Optimismus ("es wird schon nichts passieren/ mir wird schon nichts passieren")
  • Technischer Innovation wird mehr vertraut als Änderung von Verhalten und Gesellschaft ("denen wird schon was einfallen, man baut ja schon an Fusionskraftwerken und Carboncapture")
  • man nimmt selektiv wahr, was eine vorgefasste Meinung bestätigt Bestätigungsbias (" ja da siehst Du, ich hab's schon immer g'sagt")
  • Verhaftung in Sicherheit spendenden alten Gewohnheiten insbesondere wenn man sich bedroht fühlt
  • Verhaftung in bisherigen Entscheidungen ("das kann doch nicht alles falsch gewesen sein, wie würde ich da dastehen?")
  • Vogel-Strauß-Taktik ("Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf." CHRISTIAN MORGENSTERN 1910 Die unmögliche Tatsache). Wir wollen nicht wahrhaben, das so ein erschreckendes Ereignis, in das wir auch noch schuldhaft verstrickt sind, geschieht.
  • Neigung aus Naheliegendem zu extrapolieren, statt sich aktiv zu informieren
  • Neigung unseren Gefühlen zu folgen, statt abzuwägen.
  • Die Meinung einer Person die wir gut kennen ist uns wichtiger als wissenschaftliche Fakten eines Experten, den wir nicht kennen.
  • Bevorzugung positiver Formulierungen ("energiesparend" bei zusätzlicher Anschaffung)
  • Ständig Wiederholtes wird als wahr interpretiert
  • heute zählt mehr als morgen
  • Widerstandsbias, wir leisten Widerstand gegenüber aufgezwungenen Anschauungen


ein Beispiel zur Veranschaulichung

Wenn wir ein Kleinkind sehen, das unbeaufsichtigt in der Kuchelau in die Donau gefallen ist und zu ertrinken droht, dann springen wir ohne zu zögern und ohne Rücksicht auf unseren Sonntagsanzug, die neuen Schuhe und das kalte Wasser hinterher, um es zu retten.
Wenn wir einen überzeugenden Bericht lesen, dass wegen der Klimakrise zehntausend Kinder in den nächsten zehn Jahren in Bangladesh bei Überschwemmungen ertrinken werden, dann ist das weit weg in Ort und Zeit und beschäftigt unseren Geist schon nach 2 Minuten nicht mehr, denn wir bekommen eine Whatapp-Nachricht oder einen Anruf oder lesen über die nächste Katastrophe und nichts geschieht.

Tragödie des Allgemeinguts

Das Problem von Allgemeingut wurde bereits von Aristoteles bemerkt: „dem Gut, das der größten Zahl gemeinsam ist, die geringste Fürsorge zuteil wird“. Wer aktiv wird, nutzt jedem Menschen der Gegenwart und Zukunft, aber der individuelle Nutzen ist minimal. Trittbrettfahrer genießen den Nutzen der Investitionen der anderen ohne eigene Mühe. Die individuelle Nutzenmaximierung führt also in den gemeinsamen Ruin. Obwohl allen Beteiligten klar ist, dass etwas getan werden müsste und dieses Tun auch in Ihre Kompetenz fallen würde, zeigt sich hier auch das Phänomen der Verantwortungsdiffusion. Es gibt genügend Beispiele in der menschlichen Geschichte, wie die Überfischung der Ozeane, das Jagen von Großwild bis zur Ausrottung mehrerer Arten am Ende der Eiszeit und nach der Besiedlung von Inseln durch den Menschen.

Ebenso alt wie das Problem sind aber auch die Lösungen. Diese bestehen lokal in Selbstorganisation [1]. Die von der Autorin aufgestellten acht Designprinzipien lassen sich weitgehend auf die Klimakrise übertragen:

  1. Grenzen: Berechtigte sind von nicht berechtigten Nutzern auf jeder Ebene abgegrenzt und es existieren klare Grenzen zwischen den Verantwortungsbereichen der verschiedenen Ebenen (von der lokalen Initiative bis hin zur internationalen Ebene).
  2. die Verteilung der Kosten unter den Nutzern ist proportional zur Verteilung des Nutzens.
  3. Entscheidungen (zu den Regeln) fallen gemeinschaftlich (auf internationaler, nationaler und Gemeindeebene)
  4. Es besteht Kontrolle über Regelverstöße, um diese feststellen, ahnden und ihnen so vorbeugen zu können.
  5. Verhängte Sanktionen sollen in einem vernünftigen Verhältnis zum verursachten Problem stehen. Die Bestrafung von Regelverletzungen beginnt auf niedrigem Niveau und verschärft sich, wenn Nutzer eine Regel mehrfach verletzen.
  6. Konfliktlösungsmechanismen müssen schnell, günstig und direkt sein
  7. das Recht der Nutzer, ihre eigenen Regeln zu bestimmen, wird von der höheren Ebene anerkannt.
  8. Governance-Strukturen sind auf mehreren Ebenen (polyzyklisch) miteinander „verschachtelt“

Ein gelungenes Beispiel für effektive internationale Lösung eines globalen Problems war die Zerstörung der schützenden Ozonschicht durch Flurchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) mittels internationaler Verträge und entsprechender nationaler Gesetzgebung, die die Hersteller zwang Alternativen zu suchen.

Literatur

  1. Ostrom E. "Die Verfassung der Allmende: Jenseits von Markt und Staat." Mohr, Tübingen 1999, ISBN 3-16-146916-X. (1990)

Schnelles Denken und langsames Denken oder der Elefant und der Reiter

Die Illusion der rationalen Entscheidung: wenn du denkst du denkst, dann denkst du oft nur du denkst

Daniel Kahneman nennt es in seinem Buchtitel "Schnelles Denken, langsames Denken" (Siedler Verlag 2012).

Jonathan Haidt hat dafür das anschauliche Bild "Elefant und Reiter" gewählt. Der Reiter steht dabei für Verstand und Vernunft. Er kann auf der Grundlage von Fakten und Annahmen analysieren und ggf. Entscheidungen treffen. Der Elefant steht für das automatische Denken, Gewohnheiten und Emotionen. Es wird sofort klar, wer meist das Sagen hat. Der Reiter kann vielleicht kurzzeitig durch eine enorme Kraftanstrengung den Elefanten von seinem Weg abbringen, aber wenn der Elefant nicht will, dann bleiben des Reiters Mühen chancenlos. Erstaunlicher Weise lebt der Reiter in der Phantasie, dass er allein die Richtung bestimmt. Wird er gefragt, warum er an der Weggabelung nach links abgebogen ist, so wird er mühelos und phantasievoll eine Erklärung finden, warum er, der Reiter, nach links wollte.

Die Akzeptanz und Besorgnis über eine menschengemachte Klimaveränderung ist Grundvoraussetzung für eine Verhaltensänderung. Gruppendruck kann helfen, sobald die Mehrheit im Freundes- und Verwandtenkreis die Klimaerwärmung als besorgniserregend werten, färbt das mit der Zeit meist ab. In europäischen Ländern mit stärkerer Demokratie ist die individuelle Sorge über die Klimakrise stärker mit dem Gefühl der Eigenverantwortung verknüpft. Je reicher und demokratischer ein Land ist, desto stärkere Bedeutung hat das Gefühl der eigenen Klima-Verantwortung für die Unterstützung von politischen Maßnahmen und eigenem Handeln [2].

Längerfristig wird ein Training von kritischem Denken, zur Vermeiden von kognitivem Bias und von Medienkompetenz nutzen. Das kann in der Schule, durch die Eltern oder in der Erwachsenenbildung erfolgen.

Wir müssen zudem eine Grundhaltung vermitteln, die den Staat nicht als Dienstleister und sich selbst als entpflichteten Konsumenten sieht, sondern die kollektive Verantwortung wahrnimmt. Literatur: Von der Pflicht - eine Betrachtung, von Richard David Precht, 2021 Goldmann Verlag

Wir sind oft so abgelenkt, dass wir keinen klaren Gedanken langfristig halten und verfolgen können

Getty Images/iStockphoto
  • geht es nicht noch schneller? Ständige Verfügbarkeit und Informationsüberflutung in den neuen Medien
  • Multitasking bedeutet Umschalten von einer Aufgabe auf die nächste mit Verlusten an Zeit, Tiefe, Fokus
  • immer weniger Flow-States
  • immer seltener lassen wir unsere Seele baumeln. Da werden wir oft erst wirklich kreativ und entdecken bzw. legen Verknüpfungen
  • Schlafmangel und Erschöpfung
  • Symptom: wann haben Sie zuletzt ein Buch von Anfang bis Ende ohne Ablenkung "verschlungen"
  • Manipulation durch auf uns abgestimmte Werbung auf der Basis unserer Spuren im Internet
  • Frustration durch das grausame Mantra des Individualismus: du bist deines Glückes Schmied, wenn du in sozialen Medien versinkst oder übermäßig frisst, oder in einen Konsumrausch verfällst, dann bist du selber schuld, denn es fehlt dir an Selbstkontrolle

Literatur:

Stolen Focus: Why you can't pay attention von Johann Hari, 2022, Bloomsbury Publishing

"Eine gute Ausrede ist einen Batzen wert"

Wir wollen, dass unser aktuelles Verhalten und Erleben mit unserem Selbstkonzept übereinstimmt, man spricht auch vom Kongruenzstreben. Wenn eine bestimmte Verhaltensänderung unsicher, ängstigend und schwierig, vielleicht sogar frustrierend wäre, ist es oft einfacher das Bild von der Realität zu ändern. Deshalb sind wir Meister im Erfinden von Ausreden.

"Ich bin verwirrt durch widersprüchliche Informationen und Meinungen"

hier Foto Zukunft einfügen

Man hört zum Beispiel Menschen klagen "Manche sagen Elektroautos sind die Lösung während andere auf das Wasserstoffauto warten, wie soll ich das entscheiden, ich warte lieber!" Wenn Du für Information nicht als Kunde zahlst, dann bist Du das Produkt. Ist unser Gehirn nicht wichtiger als unser Computer? Wo ist der Virenscanner für unsere Information?

  • Gute Medien sind Abonnementzeitungen, öffentliches Fernsehen und öffentlicher Rundfunk,
  • Serienbeiträge von anerkannten einschlägigen Wissenschaftlern können sehr informativ sein. Vorher muss man diese sehr sorgfältig auswählen
  • Soziale Medien als Informationsquelle meiden! (Die einzige Ausnahme ist, um als Fachfrau fact checks für andere zu betreiben)
  • Erschreckende oder überraschende Informationen keinesfalls sofort an Freunde weiterleiten, sondern erst gründlich von Fachleuten prüfen lassen:

"Ich reagiere wütend, wenn man mich mit Weltuntergangsszenarien zu verängstigen versucht"

Manche reagieren auf die ausgelösten Ängste mit Verdrängung oder gar Abwehr. Wenngleich Emotionen eine wichtige Rolle in einer effektiven Kommunikation spielen und motivieren können, sind solche Gegenreaktionen häufig. Eine gewisse motivierende Angst ist angesichts der Klimakrise unvermeidbar, sie sollte jedoch keinesfalls überzeichnet oder als Keule geschwungen werden. Außerdem sollte stets die Möglichkeiten etwas dagegen zu tun betont werden.

"Ich lasse mir meine Freiheit nicht nehmen"

Das Fahren mit großen und schnellen Autos, in Deutschland mit teils unbegrenzter Geschwindigkeit, gehört zu einem aus den USA übernommenen Freiheitsgefühl. Freiheit kann nur dann gewährleistet werden, wenn der Mensch ein gewisses Maß an Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen übernimmt (Stuart Mills), bzw. die Freiheit des Einzelnen hört dort auf, wo die Freiheit des Anderen beginnt (Immanuel Kant). Allerdings, muss jede staatliche Freiheitseinschränkung entsprechend begründet sein.

"Das betrifft mich/uns nicht"

Man nimmt gerne an, das eigene Land sei von der Klimakrise sehr wenig bzw. erst nach den eigenen Lebzeiten betroffen. Vielleicht werde es ja sogar angenehmer, wenn die Winter nicht mehr so kalt sind.

"Die Gegenmaßnahmen sind mir zu neu und riskant"

Solche Einstellungen sind wesentliche Hindernisse. Ein publiziertes Bild eines brennenden Autos und der Gedanke an Vögel, die von Windrädern erschlagen werden, erschreckt Menschen. Es gilt zu vermitteln, dass im Vergleich mit Verbrennern die Brandgefahr nicht erhöht und die Unfallsicherheit von Elektroautos höher ist. Einzelne Vögel fallen vielleicht Windkraft und Turmsolarkraftwerken zum Opfer, doch es gilt dies gegen die viel größere Gefährdung der selben Vögel und daneben aller Arten durch Luftverschmutzung und globale Erwärmung abzuwägen. Finanzielle und soziale Kosten (was denken meine Peers) sowie Zeitaufwand des Handelns fließen ebenfalls ein. Hier helfen staatliche Unterstützung, vertrauenswürdige Berechnungen der cost-of-ownership, one-stop-shop Lösungen und das Kippen der sozialen Norm durch respektierte Vorbilder. Die CO2 Bilanz und Umweltschäden bei der Gewinnung von Rohstoffen für und Produktion von Elektroautobatterien sind eine Realität. Entsprechende unvorteilhafte Vergleiche mit sparsamen Verbrennern haben sich bei vielen eingeprägt. Dies übersieht aber die Beeinflussbarkeit und Entwicklung: Wählt man eine übergroße Karosse und/oder Batterie, so kann dies den Lebenszyklus-CO2-Ausstoss eines Elektroautos um 50% erhöhen. Umgekehrt senkt eine Zweitnutzung der Batterie diesen um 22%, Recycling der Batterie um 7-17%, die Decarbonisierung der Stromversorgung während der 15-20-jährigen Lebensdauer um 17-27% und die Weiterentwicklung der Batterien mit höherer Energiedichte um 10-16% [3]. Kritik an den Nebenwirkungen der Energiewende ist aber grundsätzlich wichtig, um eine weitere Optimierung zu erzwingen. Dies geschieht auch durch Kaufentscheidung für das beste Gesamtkonzept.

"Da kann ich eh nichts machen, das Problem ist doch viel zu groß!"

Das Gefühl der Ohnmacht gegenüber der ungeheuren Dimension des Problems entmutigt und lähmt. Für diese Menschen gilt es die Dynamik und Kraft des bereits begonnenen gemeinschaftlichen Handelns darzulegen (Erfolgsgeschichten) und konkrete Handlungsoptionen anzubieten und zu erleichtern. Insbesondere für ärmere Menschen, die nicht in den Wandel investieren können und unter einem ökologisch bedingten Anstieg der Konsumentenpreise einschließlich Mietkosten leiden würden, gilt es zu schützen und ihnen sinnvolle Möglichkeiten zum Handeln zu eröffnen.

"Erst müssen die Großen anfangen"

Damit verwandt ist das Argument, dass erst die viel mächtigeren großen (multinationalen) Firmen und/oder die Regierung agieren müssen, bevor ein Anlass zu eigenem Handeln besteht. Sollten nicht die Nationen mit der absolut höchsten CO2 Produktion (China, USA, Indien, Russland, Japan, Deutschland) mit der Reduktion anfangen und nicht das kleine Österreich? Hier ist zu vermitteln, dass angesichts der Vielschichtigkeit des Problems ein paralleles Handeln auf allen Ebenen wirksam und erforderlich ist, und es bereits Erfolgsbeispiele auf allen Ebenen gibt. Auch auf die Möglichkeiten als Kunde, Investor, Wähler, Blogger und Demonstrant auf die „Großen“ Einfluss zu nehmen ist hinzuweisen. Außerdem natürlich auf die internationalen Vereinbarungen wie die UN-Klimakonferenz in Paris 2015. Also Gerechtigkeit ist wichtig!

"Das machen doch alle so, es muss also richtig sein"

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Einen starken Einfluss hat die Gruppennorm auf Kommunikation, Denken und Verhalten. Hier zeichnet sich ein langsamer Wandel ab, denn Pioniere sehen, dass auch Geldadel zur gesellschaftlichen Verantwortung verpflichtet (z.B. Bill Gates). Sobald es „schick“ wird z.B. Elektroautos mit hoher Beschleunigung zu fahren, können reiche Menschen von einem Teil des Problems auch zu einem Teil der Lösung werden. Sie finanzieren oft frühe Schritte in der Markteinführung neuer Konsumententechnologien.

"Ich bin bei weitem nicht der Schlimmste"

Aus dem schlechten Vorbild von Mitbürgern mit unverändert weit größerem CO2-Fußabdruck, wird eine soziale Norm und, aus Gründen von sozialer Gerechtigkeit, das Recht zur Passivität abgeleitet. Dies kann durch staatliche Förderung und notfalls staatliche Regelung durchbrochen werden.

"Ich kaufe nur noch mit Jutetaschen ein, da kann ich doch mit dem Truck nach Hause fahren!"

Sichtbare, einfache aber minimal bedeutsame Maßnahmen übernehmen gerne eine Alibifunktion. Sie als Orden vor sich hertragend, kann man sich an anderer Stelle mit größerer Bedeutung zu verantwortungslosem Verhalten berechtigt fühlen. Das kann auch Formen eines modernen Ablasshandels annehmen. Die Medien sollten das gesamte Spektrum verschiedener Handlungsoptionen mit ihrer relativen Wirksamkeit aufzeigen. Wir selbst sollten unser Verhalten, vorzugsweise im Austausch mit anderen, stets kritisch hinterfragen.

"Ich muss mich um viel dringlicheres kümmern"

Menschen sind von vordringlichen Herausforderungen des Alltags (finanziellen Sorgen, Ausbildung, beruflichem Weiterkommen, Kindererziehung, gesundheitliche Probleme, pflegebedürftige Angehörige, Hausbau etc.) absorbiert. Hinzu kommen noch die großen Krisen wie Flüchtlingswelle, Coronapandemie und Ukrainekrise, die unserer Aufmerksamkeit fast völlig vereinnahmen. So werden Verhaltensänderungen zum Klimaschutz und Investitionen zur Dekarbonisierung auf die lange Bank geschoben. Hier helfen niederschwellige Angebote und Nudging. Manchmal weckt auch eine aufdringliche Realität. Menschen zu beschämen, die zögern, erweist sich als kontraproduktiv, während die Kommunikation der Chance auf mehr Sicherheit und Freiheit und des Nutzens für Familie und Gemeinschaft wirksam ist wie entsprechende Untersuchungen zur Impfung gegen Corona gezeigt haben.

"Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß"

Wer sich nicht in geeigneten Quellen über die Krise und den sich daraus ableitende Notwendigkeit zum Handeln informiert, der lebt ungeniert in seliger Unwissenheit und kann ohne Scham sein altes Leben weiterleben. Dies setzt ein meist unausgesprochenes Tabu für ernsthafte Gespräche zum Thema im sozialen Umfeld voraus.

Das hat auch die Satire erkannt:

Wo sind die Zeiten dahin Georg Kreisler, Hans Weigel 1969

"... Ändern laßt sich gar nix, weil sonst hätt mer’s ja schon g’macht.

Ändern laßt sich gar nix, also Servus, Gute Nacht.

Ändern laßt sich gar nix, weil ich sowas net riskier.

Ändern laßt sich gar nix, und am allerletzten wir.

Ja woi."

Umweltpsychologische Lösungsansätze

Disruptive Climate Communication

Disruptive Environment Communication (Psychology and Our Planet) Erika Löfström, Christian A. Klöckner 2022